Die Nacht in
unserer Kabine ohne Fenster war für mich sehr gut, habe geschlafen wie ein
Baby. Die Fähre wird nicht wie angegeben um 7 Uhr in Venedig ankommen, 10.30
Uhr ist jetzt angesagt. Ob nach griechischer Zeit (-1 Stunde) oder nach
normaler mitteleuropäischer Zeit wissen wir nicht.
Beim kurzen
Rundgang an Deck sehen wir den britischen Motorradfahrer wieder. Sein rechter
Unterschenkel sieht unter der Hose sehr dünn aus…komisch…ich schaue genauer
hin. Sein rechtes unteres Bein besteht aus einer Prothese. Das Sprunggelenk der
Prothese ist ein richtiges Gelenk mit dem er nach vorn und hinten normal
abrollen kann. Am Gang über Deck und Treppe hoch Treppe runter erkennt man
keinen Unterschied zwischen den Beinen. Coole Sache, ich finde es sehr spannend
wie solche Prothesen immer besser Teile des menschlichen Körpers ersetzen und
den Leuten ein fast normales Leben ermöglichen. Und unser Tommy fährt trotz
Unterschenkelprothese mit einem großen 250 kg schweren Adventurebike von
England ganz alleine nach Griechenland – klasse Geschichte!
Beim Frühstück
halten wir uns diesmal etwas zurück, bei der Hinfahrt hatten wir 32€ bezahlt.
Diesmal mit nur Omelett und Kaffee liegen wir bei 20€.
Um 10 kommt dann
die Durchsage das wir die Zimmerschlüssel an der Rezeption abgeben sollen. Wir
packen unser wenig Zeug in die Rolle, ziehen unsere Moppedklamotten an und
setzen uns draußen in die Barsessel. Land kommt in Sicht und irgendwann wird
die wartende Menge vor dem Fahrstuhl / der Treppen kleiner – das Fahrzeugdeck
muss also offen sein. Wir schnappen uns unser Zeug und gehen nach unten. Die
Tür zum Deck 5 ist wirklich schon offen, wir gehen um die Ecke und sehen unser
Krad schön aufrecht stehend vor uns. Die Spannriemen müssen ab, ritsch ratsch
sind sie runter. Dann muss der Kabelbinder der Vorderbremse noch weg, aber mein
Messer ist nicht oben am Tankrucksack wo es hingehört. Wir hatten gestern noch
einen Apfel geschält und danach habe ich das Messer in die Jeans gesteckt. Die
ist jetzt wohl verpackt in der verschnürten Gepäckrolle. Mist, ich habe sonst nix
scharfkantiges zur Hand. Direkt vor und baut unser Brite sein Gepäck ans Bike,
ich frage ihn ob er ein Messer hat. Er kramt etwas rum und gibt mir ein breites
schweizer Taschenmesser mit zig Funktionen (Messer, USB-Stick, Flugzeugträger…).
Ich klappe die kleine Klinge raus und kann den Kabelbinder zerschneiden. Jetzt
nur noch Rolle und Tankrucksack am Krad befestigen und wir sind eigentlich
fertig. Vor uns stehen aber noch Autos mit Anhänger und Camper, die müssen
warten bis der komplette vordere Bereich frei ist damit sie wenden können um die
Rampe wieder runterzufahren. Dort steht aber alles voller LKWs, so lange wollen
wir nicht warten. Wir schieben also unsere Kräder etwas zurück und wenden die
Karren. Auf dem Boden sind überall diese Pilze zum Abspannen. Damit hat unser
britischer Kollege etwas Probleme beim zurückschieben und ich helfe ihm seine Triumph
zurück zu schieben und zu wenden. Dann stehen wir vor der Rampe und müssen noch
etwas warten bis der LKW unten wegfahren kann. Als sie frei war Motor an, die
Rampe runter und raus aus dem Schiff.
Draußen schwer
bewölkter Himmel und keine warmen Temperaturen, Venedig empfängt uns nicht gerade sehr freundlich. Eine Kontrolle gibt es
nicht noch mal, wir fahren nur am interessiert schauenden Hafenbeamten vorbei.
Raus aus dem Hafen auf die Straße zurück nach Mestre. Mein Navi kennt die
ganzen Straßen nicht, deswegen fahre ich eine Ehrenrunde beim großen
Kreisverkehr und bin plötzlich wieder hinter unserem Tommy. Von unseren
Schweizer Kollegen hatten wir uns schon auf der Fähre verabschiedet. Kurz nach
dem Kreisverkehr hielten noch die 2 aus Garmisch an um auf ihre Camper-Freunde
zu warten. Heftiges Winken um Tschau zu sagen war angesagt, obwohl es nicht das
letzte Mal war das wir sie sehen.
Die Rückfahrt war
auf 2 Wegen möglich, wieder Autobahn vermeiden fast genau nördlich per
Landstraße durch die große langweilige Ebene bis zum Felbertauerntunnel, oder
die Brenner Autobahn mit kurzem Schwenk nach Westen bevor es nach Norden geht.
Die Strecke über den Felbertauern bin ich ja schon x Mal gefahren, die Brenner
Autobahn aber noch nie. Bisher ging es immer nur über die alte Brennerstraße.
Also mal ein paar Kilometer auf der Autobahn schruben, das Wetter war eh nicht
Motorradtauglich, 16° und tiefe, nach Regen aussehende Wolken.
Also auf die
Autostrada, zuerst Richtung Westen vorbei an Verona, dann noch Norden Richtung
Brenner. Schon mit 120..130 langhin, ich bin froh das mein nächstes Krad ein
Tempomat haben wird. Irgendwo mussten wir dann tanken. Ein Kaffee und ein Croissant
war auch nötig… Wildes Geschnatter auf Italienisch in der Raststätte – wir freuen
uns auf den Herbst, da ist eine Woche Toskana geplant! Als wir wieder zum Krad gehen
kommt plötzlich einer der Garmischer Motorradfreunde von der Fahre angefahren. So
schnell sieht man sich wieder. Er hat komplett Regensachen drüber gezogen und
erzählt von 3° auf dem Brenner. Die Herzdame zieht sich deswegen schnell noch
die Regenjacke drüber.
Dann wieder auf die
Bahn, viele langweilige Minuten später kommen wir am Brenner an. Hier machen
wir nochmal eine Pause, gehen aufs Klo und kaufen eine Vignette für die österreichische
Autobahn. 10 Tage für 5,90€, geht eigentlich, wenn ich da an die Schweiz mit
ihrer Jahresvignette, und nur der Jahresvignette denke.
Nach dem
Brennerpass kommt dann nochmal eine Mautstation wo wir nochmal 9,60€ bezahlen
müssen. In Italien hatten wir schon 26€ gelöhnt, in Österreich nochmal 10€,
dazu die Vignette von knapp 6€…beim nächsten Mal fahre ich wieder die alte
Brenner Straße. Wenigstens passt das Wetter, oben auf den Brenner 12° und fast kein
Regen, auf der österreichischen Seite wurde es dann sehr schnell über 20° warm.
Wir hätten uns
jetzt gleich vor Innsbruck ein Hotel suchen können, aber die Hälfte der 800km Heimfahrt
von Venedig war noch nicht erreicht, also weiter Kilometer schrubben. An einer
Raststätte vor Kufstein machten wir dann eine längere Pause, um zu tanken, was
zu Essen und ein Hotel zu buchen. Wir trafen hier ein Nürnberger Pärchen auf
einer blauen KTM 1190, sie kamen direkt aus Marokko….sehr interessant, da
möchte ich ja auch unbedingt mal hinfahren. Wir erzählten und irgendwann kam
die Tankstellendame mal raus und bat mich dann doch mal die Tankrechnung zu
zahlen…
Dann Kaffee und
Gebäck gekauft und auf dem Tisch draußen Handys und Landkarte ausgebreitet.
Gesucht wurde ein Hotel in der Nähe, das geografisch günstig lag (die Strecke
die wir heute nach Süden fahren müssen wir morgen wieder zurück fahren). Da es
Samstag um 5 war lagen die Preise in Kufstein bei 90€ +, soviel wollten wir
dann nicht bezahlen. Also die nächsten Städte an der Autobahn eingegeben,
Kiefersfelden hinter Kufstein ist ja schon Deutschland, und gleich dahinter ist
schon Rosenheim… In Bad Feilnbach gabs ein schönes Doppelzimmer mit Frühstück
für 70€, nur 10 min von der ABahn entfernt – Visakarte rausgeholt und auf die
Knöpfe gedrückt. 30 Minuten später kamen wir beim Hotel an. Rezeption war
unbesetzt, aber ein Briefumschlag mit Schlüssel lag für uns bereit.
Hotel super, Zimmer
super, alles fein. Umziehen, kurz ausruhen und dann nochmal quer durchs Dorf.
Im Edeka um die Ecke kauften wir noch etwas Wasser für den morgigen letzten
Tag, dann gings in die Wirtschaft die den besten Eindruck machte. Ein dunkles
Hefeweizen, eine Spargelcremesuppe, ein Weißbier und ein sehr leckerer
Krustenbraten…Bayern ist lecker und das Leben ist schön!
Die Nacht im Hotel
war super (endlich vernünftige Decken), das Frühstück war erstklassig, die
letzte Übernachtung war der krönende Abschluss einer wunderschönen Tour!
Zu den letzten 400
km Heimfahrt gibt’s nicht viel zu sagen, je näher man der Heimat kommt desto
langsamer verrinnt die Zeit. Wenigstens war das Wetter gut! Ich fuhr eine Autobahnabfahrt vorher ab und
wir fuhren die letzten Kilometer nochmal etwas Landstraße.
Dann standen wir in
unserem Hof. Der Haustürschlüssel war diesmal schnell zur Hand, und dann waren
wir halt wieder daheim. Schon schön hier, aber am liebsten wären wir sofort
weiter zum nächsten Abenteuer gefahren. Der kommende Montag ist noch Putz- und
Ruhetag, dann geht’s am Dienstag wieder in die Salzmine. Das Geld für den
nächsten Urlaub muss verdient werden.
Wehmütige Stimmung
bei uns, die große Tour 2019 ist damit auch für uns vorbei!